Fotografieren
(Niels Enderlein 2005)
Kameras sind im allgemeinen dem Auge nachempfunden. Das Auge hat vorne
eine Linse, durch die das einfallende Licht gebündelt wird, so dass
ein Bild auf die Rückseite des Auges projeziert wird. Hier wird das
Bild von der Netzhaut aufgenommen.
Kameras sind, anders als Augen, der Einfachheit halber rechteckig gebaut.
Das Wort Kamera kommt aus dem Lateinischen und bedeutet sowas wie Raum
oder Kammer.
Tatsächlich handelt es sich um einen Raum, aus dem das umgebende Licht
ausgesperrt wird.
Genau wie beim Auge befindet sich an der Frontseite eine Öffnung, durch
die das Licht gebündelt wird, so dass ein Abbild dessen, was sich vor der
Kamera befindet auf die Rückseite projeziert wird. Hier wurde bei frühen
Kameras eine Bildplatte eingesetzt auf der das Bild in einer chemischen,
lichtempfindlichen Schicht verewigt wurde.
Die Bildplatte wurde später durch einen Film ersetzt, so dass mehrere
Bilder nach Weitertransport des Films aufgenommen werden können.
Bei Digitalkameras wird schliesslich anstelle des Films ein elektronischer
Chip belichtet, der seine Bildinformation an eine Elektronik liefert, die
das Bild elektronisch speichert.
Die einfachste Kamera ist die Lochkamera. Allein mit einem kleinen Loch
kann das Licht so gebündelt werden, dass ein Abbild auf die Rückseite
projeziert wird. Bessere Ergebnisse werden jedoch durch Verwendung einer
optischen Glaslinse erzielt.
Bei den ersten Kameras mit den Bildplatten wurde einfach ein Deckel auf
die Linse gesetzt. Zum Fotografieren wird der Deckel abgenommen, eine Weile
auf gelassen und dann wieder drauf gesetzt. Diese Belichtungszeit hat
entscheidenden Einfluss auf das Foto. Wenn bei ziemlicher Dunkelheit
fotografiert wurde, musste der Deckel relativ lange auf bleiben. Wenn es
heller war, blieb der Deckel relativ kurz auf. Wenn die Belichtungszeit zu
lang gewählt wird, wird das Bild überbelichtet bishin zu einem völlig
weissen Bild. Bei zu kurzer Belichtungszeit ist das Bild irgendwann total
schwarz.
Später wurde ein mechanischer Verschluss eingebaut, bei dem, je nach Bedarf
die Belichtungszeit eingestellt werden kann. Welche Verschlusszeit zu wählen
ist, wurde nach Gefühl und Erfahrung des Fotografen entschieden.
In der weitern Entwicklung wurden Belichtungsmesser zu Hilfe genommen um zu
entscheiden, welche Belichtungszeit die richtige ist.
Heute sind solche Belichtungsmesser in die meisten Kameras eingebaut. Meist
stellt eine Automatik anhand des eingebauten Belichtungsmessers die richtige
Belichtungszeit ein. Das funktioniert heute so optimal, dass der Fotograf
meist keinen weiteren Einfluss darauf nehmen muss, um ein optimal belichtetes
Foto zu erhalten.
Trotzdem muss man sich mit den Belichtungszeiten ein Wenig beschäftigen um
eventuelle Probleme meistern zu können. Bei höherwertigen Kameras wird die
ermittelte Belichtungszeit in irgendeiner Form angezeigt. Meistens durch
Werte wie "1/60" oder so ähnlich. Diese Werte beziehen sich in der Regel auf
eine Sekunde. Je kleiner der Wert hinter dem Schrägstrich, desto länger die
Belichtungszeit. Ein Wert von "1/30", also eine dreißigstel Sekunde, stellt
eine wichtige Grenze dar. Es ist so ziemlich die längste Belichtung, die noch
freihändig, also ohne Stativ, genutzt werden kann. Noch längere Belichtungs-
zeiten führen ohne Stativ fast zwangsläufig zu unscharfen Bildern. Selbst
wenn die Grenze nicht überschritten wird, muss man die Kamera schon sehr
ruhig halten und das Objekt, das man fotografieren will, darf sich auch nicht
allzu schnell bewegen, wenn die Aufnahme gelingen soll.
Bei modernen Digitalkameras, die oft mit einem Bildstabilisator ausgerüstet sind,
kann auch noch bei einer Belichtungszeit von "1/10" Sekunde eine scharfe
Aufnahme gelingen.
Die andere Grenze, die kürzest mögliche Belichtungszeit, ist durch die
technischen Eigenheiten des Verschlusses vorgegeben. Heutige Verschlüsse
schaffen in der regel locker 1/1000 Sekunde. Auch 1/2000 Sekunden sind keine
Seltenheit. Solche Verschlusszeiten stellt die moderne Kamera in der Regel
bei hellem Sonnenlicht ein. Hiermit kann man auch sehr schnelle Bewegungen
einfrieren, wie z.B. rotierende Rotorblätter eines fliegenden Hubschraubers,
so dass diese auf dem Foto anscheinend still stehen. Bei solchen
Belichtungszeiten ist es fast nicht mehr möglich das Bild zu verwackeln.
Bei sehr einfachen, billigen Kameras ist der Verschluss sehr einfach
ausgeführt, so dass sich die Belichtungszeit nicht verstellen lässt.
Oft wird ca. 1/60 Sekunde fest eingestellt, so dass man für einen weiten
Bereich von Belichtungssituationen noch ein brauchbares Bild erhält. Hier
ist auch bedeutsam, dass moderne Filme wesentlich unempfindlicher gegen
Unter- oder Überbelichtung sind, als es früher die alten Bildplatten waren.
Digitale Bildchips sind wiederum wesentlich empfindlicher gegen Über- oder
Unterbelichtung als Filme, so dass bei Digitalkameras kaum eine fest
eingestellte Verschlusszeit zum Einsatz kommt.
Aber auch bei sehr einfachen analogen Kameras kann man zumindest von
"Bewölkt" auf "Sonnig" und
umgekehrt umschalten. Hierbei wird aber meist nicht die Belichtungszeit
verändert, sondern die Blende. Die Blende ist ein Loch hinter der Linse
durch das entweder mehr oder weniger Licht ins Innere der Kamera gelangt.
Schaltet man auf "Bewölkt" hat man also etwas weniger Licht, so ist die
Blende ganz auf. Schaltet man auf "Sonnig", hat man also viel Licht, so
wird die Blende etwas geschlossen. Eine Einstellung für "Drinnen", also
noch viel weniger Licht, fehlt bei solchen Kameras meistens. Hier müsste
ein Blitzlicht zugeschaltet werden.
Aufwendigere Kameras erlauben es die Blende in wesentlich mehr Stufen
zu verstellen. Moderne Kameras können, aufgrund der Werte, die der eingebaute
Belichtungsmesser liefert, selber automatisch den günstigsten Blendenwert
einstellen.
Die Werte für die Blende werden im Verhältnis zwischen dem Einfallenden
Licht und dem Nutzbaren Licht angegeben. Ein Blendwert von "1:1" würde
bedeuten, dass alles Licht, das auf die Linse trifft, auch für die Belichtung
des Fotos verwendet wird. Objektive, die als Maximalen Blendwert "1:1,4"
liefern, gehöhren aber schon zu den sehr guten und damit zu den sehr teuren.
Bei Kompaktkameras und Zoomobjektiven liegt die weiteste Blendenöffnung
meist bei "1:2,8". Meistens kann man diesen Wert in verschiedenen Stufen
auf bis zu "1:8" verstellen, wobei dann die Blende am weitesten "zu", also
am weitesten geschlossen ist.
Bei modernen Kameras kann der Fotograf die Steuerung dieser beiden Werte,
der Belichtungszeit und der Blende, der eingebauten Belichtungsautomatik
überlassen. In den allermeisten Situationen liefert die Kamera hiermit
meist optimal belichtete Fotos. Aber in gewissen Grenzsituationen kann es
äußerst interressant und äußerst lohnend sein, hier selber etwas Hand
anzulegen.
In der Regel führt die Belichtungsautomatik einer Kamera eine sogenannte
"Integralmessung" durch. Hierbei werden die Optimalen Einstellungen für das
gesamte Bild, dass auf dem Foto erscheint, eingestellt. Dabei kann es sein,
dass z.B. eine Person, deren Gesicht eigentlich das Hauptmotiv des Fotos
sein sollte, sich im Schatten befindet und somit zu dunkel abgebildet wird
und unter Umständen
kaum zu erkennen ist. Hier währe es eventuell gut, wenn das ganze Bild etwas
überbelichtet währe, so dass das Gesicht gut zu erkennen ist, auch wenn
der Hintergrund dabei etwas hell, also überbelichtet währe.
Einfachere Kameras mit Belichtungsautomatik erlauben es dem Fotografen in
der Regel nicht, manuell in die Einstellung dieser Werte einzugreifen. Hier
kann man sich aber oft mit einem einfachen Trick behelfen. Meist wird durch
"Halbherunterdrücken" des Auslösers das Messen ausgeführt. Nach dem Messen
wird in irgendeiner Form angezeigt, ob die Belichtung o.k. ist. Durch
"Ganzdurchdrücken" des Auslösers wird dann das Bild gemacht. Wenn man nun
die Kamera etwas gegen den Boden neigt, halb herunterdrückt bis das Messen
beendet ist, dann die Kamera wieder hochschwenkt bis der gewünschte
Bildausschnitt erreicht ist und jetzt erst ganz durchdrückt um die Aufnahme
zu machen, dann wird das ganze Bild etwas überbelichtet. Genauso kann man
die Kamera gegen den Himmel schwenken, dann messen, wieder runterschwenken,
und fotografieren um das Bild leicht unterzubelichten. So wird die
"Messwertspeicherfunktion" die auch bei einfacheren Kameras mit Belichtungs-
automatik in der Regel vorhanden ist, ausgenutzt.
Digitalkameras verfügen im Allgemeinen auch schon in den einfachsten
Ausstattungsklassen über eine Belichtungsautomatik und lassen sich so
beeinflussen.
Bei älteren einfach gestalteten Kameras ist nicht nur der Verschluss relativ simpel
gestaltet. Auch das Objektiv lässt unter Umständen keinerlei
Einstellmöglichkeiten zu. Die Linse wird ab Werk so eingestellt, dass ab
einer bestimmten Entfernung, meist ca. 1,5 Meter, bis hin zu jeder noch so
weiten Entfernung alles weitgehend scharf abgebilet wird. Dabei nimmt man
jedoch meist eine gewisse Unschärfe in den Grenzbereichen in Kauf. Bessere
Abbildungsleistungen haben die höherwertigen Objektive, bei denen auf eine
bestimmte Entfernung fokussiert werden kann. Bei modernen Kameras ist ein
Entfernungsmesser integriert, dessen Messwerte zum automatischen Einstellen
des Fokus benutzt wird. Der Autofokus moderner Kameras arbeitet heute sehr
zuverlässig. Lediglich in Grenzsituationen, etwa bei sehr wenig Licht,
kommt es zu Problemen, so dass es zweckmäßig sein kann, von Hand einzugreifen.
Aber auch hier bieten nur teurere Kameras entsprechende Einstellmöglichkeiten.
Beim Fokussieren von Hand benötigt man jedoch auch eine entsprechende
Kontrollmöglichkeit. Am besten ist ein optisches Suchersystem hierzu
geeignet, wie es nur bei höherwertigen Kameras wie z.B. Spiegelreflexkameras
Verwendung findet. Die meisten elektronischen Sucher und auch die Bildschirme
der meisten einfacheren Digitalkameras eignen sich nicht die Schärfe
ausreichend zu beurteilen, so dass man sich meist auf den Autofokus verlassen
muss, was bei mordernen Kameras jedoch nur selten ein Problem ist.
Doch nicht nur die Entfernungseinstellung, der sogenannte Fokus spielt bei
einem Objektiv eine Rolle. Auch die Brennweite ist für die Bildgestaltung
von Bedeutung. Das ist die Entfernung zwischen dem Brennpunkt, in dem das
Licht gebündelt wird und der Bildfläche auf die das Bild projeziert wird,
also der Film oder der Bildchip.
Wenn sich die Brennweite erhöht bekommt man einen Effekt, wie bei einem
Fernrohr. Nicht nur, dass sich dadurch der Bildausschnitt verändert, wenn
man alles näher ran holt, auch das Größenverhältnis zwischen Gegenständen
im Vordergrund und im Hintergrund verändert sich. Der Hintergrund wird
größer im Verhähltnis zum Vordergrund. Große Brennweitern werden "Tele"
genannt. Im Telebereich ist die Gefahr von Unscharfen Bildern durch
Verwackeln noch größer. Man muss also eine noch kürzere Belichtungszeit
wählen als bei kurzen Brennweiten, die man Weitwinkel nennt. Im Telebereich
ist es auch mit einer Verschlusszeit von 1/30 Sekunde nicht mehr möglich
ohne Stativ zu fotografieren, es sei denn, es gelingt, die Kamera besonders
ruhig zu halten, z.B. wenn man sich anlehnen oder aufstützen kann.
Allerdings können die immer weiter verbreiteten Bildstabilisatoren hier
ebenfalls unterstützen und z.T. erstaunliche Wirkung erziehlen, die es
ermöglicht erheblich längere Belichtungszeit noch ohne
Stativ zu nutzen.
Hiermit sind bereits die vier wichtigen Größen beim Fotografieren erklärt:
1. Die Belichtungszeit
2. Die Blende
3. Der Fokus
4. Die Brennweite
Es macht jedoch leider wenig Sinn, die Einstellung dieser Werte jeweils
getrennt zu betrachten, denn es bestehen einge Abhängigkeiten zwischen diesen
Werten. Zunächst haben Belichtungszeit und Blende beide Einfluss auf die
Belichtung des Fotos. Es leuchtet ein, dass man, je weiter man die Blende
schließt, desto länger die Belichtungszeit wählen muss. Umgekehrt reicht bei
immer weiter geöffneter Blende eine immer kürzere Belichtungszeit aus. Dieser
Effekt kann bei höherwertigen Kameras genutzt werden, um eventuell doch
noch eine Belichtungszeit von weniger als 1/30 Sekunde zu erreichen und so
noch ohne Stativ zu einem scharfen Foto zu kommen.
Die Blende hat jedoch nicht nur unmittelbaren Einfluss auf die Belichtung,
sondern auch noch auf eine fünfte Größe, nämlich die Schärfentiefe.
Das ist der Entfernungsbereich, in dem Objekte vor der Kamera scharf
abgebildet werden. Je weiter die Blende zu ist, desto größer ist dieser
Bereich. Dies kann z.B. ausgenutzt werden, um Vordergrund und Hintergrund
in weitem Bereich scharf abzubilden. Andersherum kann eine weit geöffnete
Blende genutzt werden um bei einer Portraitaufnahme ein im Vordergrund
befindliches Gesicht, auf das genau fokussiert wurde, gegen einen
unscharfen Hintergrund scharf abzusetzen. Dies ist ein sehr beliebter und
sehr schöner Effekt.
Aber auch eine kurze Brennweite, also der Weitwinkelbereich hat eine
größere Schärfentiefe als der Telebereich.
Daher werden für Portraitaufnahmen meistens die langen Brennweiten
bevorzugt.
Lange Brennweiten jedoch sind nicht so Lichtstark wie kurze. In der
Teleeinstellung kann z.B. bei Zoomobjektiven als Blendwert nur ein
höherer Wert eingestellt
werden als bei der Weitwinkeleinstellung. Oft haben Zoomobjektive
bei Weitwinkel Werte bis 1:2,8 und bei Tele ca. 1:4.
Das Zusammenspiel dieser Werte und deren Auswirkung auf die Fotos läßt
sich am besten durch eigenes Experimentieren herausfinden.
Hierzu sind Digitalkameras besonders geeignet, weil beim Ausprobieren
keine weiteren Kosten für die einzelnen Fotos entstehen und man so
meist etwas experimentierfreudiger handelt.
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